Anfang dieses Jahres organisierte die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) in Genf das erste internationale Kooperationsforum zum Thema Armut und Klimawandel. Wir fassen die wichtigsten Erkenntnisse der Veranstaltung zum Thema Stromzugang zusammen.
Die Schweiz hat in ihrer internationalen Zusammenarbeit viel Wert auf die Erreichung der UNO-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) gelegt, aber der Klimawandel bedroht zunehmend die Fortschritte auf dem Weg zum Ziel 2030. Sie ist auch einer der vier Schwerpunktbereiche des neuen Schweizer Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021-2024. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) organisierte Ende März 2022 in Genf das erste Internationale Kooperationsforum (IC Forum), um einen Ort zu schaffen, an dem darüber nachgedacht wird, wie Klimaschutz und Armutsbekämpfung besser aufeinander abgestimmt werden können.
Energie war ein zentrales Thema der Veranstaltung, da die Notwendigkeit einer globalen Energiewende und die Rolle der Technologie bei dieser Wende direkt an der Schnittstelle zwischen internationaler Zusammenarbeit und Klimawandel liegt. Der Knackpunkt ist die komplexe Herausforderung, eine kohlenstoffarme Zukunft zu fördern und gleichzeitig die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung in vielen Ländern zu berücksichtigen, um die große Armut zu beseitigen. In Ländern mit niedrigem Einkommen - in denen mehr als 700 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu Elektrizität - Die Ausweitung des Zugangs zu strombasierten Energiedienstleistungen bedeutet, dass die Menschen in diesen Ländern auch mehr wirtschaftliche Möglichkeiten, Zugang zu einer besseren Gesundheitsversorgung, mehr Ernährungssicherheit und KühlungDadurch können sie besser mit den zunehmenden Wetterextremen umgehen.
Sowohl die Teilnehmer der Konferenz als auch die Forscher, die sich mit dem Zugang zu Energie in Subsahara-Afrika (SSA) befassen, haben auf dem IC-Forum deutlich gemacht, dass der Zugang zu Elektrizität ein Thema ist, bei dem es wichtige Möglichkeiten gibt, internationale Zusammenarbeit, Klimaschutzmaßnahmen und Technologieentwicklung aufeinander abzustimmen. Im Folgenden stellen wir zwei wichtige Erkenntnisse des Forums vor, die dazu beitragen können, wie die Schweizer Regierung über die Herausforderungen an der Schnittstelle zwischen Armut und Klimawandel denkt:
Erstens: Der "lokale" Kontext ist in jedem Maßstab wichtig
In der internationalen Zusammenarbeit ist es ein altbekannter Ratschlag, dass das Verständnis des lokalen Kontextes für den Erfolg von Projekten entscheidend ist. Wenn es um den Einsatz von Energietechnologien geht, insbesondere wenn es um die Eindämmung des Klimawandels geht, ist dieser Ratschlag sogar noch wichtiger, unabhängig von der Größe der Maßnahme. In der Praxis bedeutet dies, dass sozioökonomische Faktoren wie lokale Normen und Erschwinglichkeit berücksichtigt werden müssen, die die Technologieakzeptanz beeinflussensowie technisch-wirtschaftliche Faktoren wie die Verfügbarkeit von Ressourcen und die Qualität der Institutionen. In jüngster Zeit geht der Trend jedoch zu netzunabhängigen Systemen, die mit erneuerbaren Energien wie Solarenergie betrieben werden. Diese haben sich jedoch in vielen Kontexten als schwierig erwiesen, da der Schwerpunkt eher auf sauberen Technologien als auf der Erfüllung lokaler Bedürfnisse lag.
Interessanterweise erfuhren wir auf der Konferenz von einer Weltbankprojekt in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) um in verschiedenen Städten groß angelegte solarbetriebene Mini-Netze zu bauen. Eine solche Lösung mag zwar besonders seltsam klingen, da Städte in der Regel am einfachsten an die Netzinfrastruktur angeschlossen werden können, aber ironischerweise scheinen solarbetriebene Mini-Netze für diesen speziellen Kontext geeignet zu sein, da eine nationale netzgestützte Elektrifizierung in einigen Regionen des Landes nicht realisierbar ist. In diesem Fall, netzunabhängige Kleinstnetze könnten den Zugang zur Elektrizität in diesen Städten beschleunigen und die wirtschaftliche Entwicklung der Einwohner fördern, und zwar nicht, weil es darum geht, solarbetriebene Mini-Netze zu errichten, sondern weil sie einige der spezifischen Probleme zu lösen scheinen, mit denen die Städte in der Demokratischen Republik Kongo bei der Elektrifizierung konfrontiert sind.
Die Schweiz sollte bereit sein, in verschiedene Elektrifizierungsansätze zu investieren, wobei das Ziel darin bestehen sollte, die Stromversorgung auf eine Weise zu verbessern, die den Bedürfnissen des lokalen Umfelds entspricht, anstatt sich auf eine einzige technologische Lösung zu konzentrieren. Wie dieses Beispiel zeigt, könnte ein solcher Ansatz tatsächlich zu einer Angleichung von Armutsbekämpfung und Klimaschutzzielen führen.
Zweitens: Investitionen tätigen, nicht verbieten
Ein wichtiger Diskussionspunkt während einer Arbeitssitzung war die Frage, ob erneuerbare Energien (plus Speicherung) in SSA marktreif sind. Diese Debatte trifft den Kern des Diskurses über den Stromzugang in der Region, da sie den potenziellen Konflikt zwischen Klimaschutz und Entwicklungszielen verdeutlicht.
Konkret, mehrere Geberländer mit hohem Einkommen sowie einige multilaterale Entwicklungsbanken haben sich verpflichtet (oder planen), die internationale Finanzierung von Projekten für fossile Brennstoffe, einschließlich Erdgas, einzustellen, wobei sie im Wesentlichen der Klimaschutz vor Armutsbekämpfung und Entwicklungt. Diese Entscheidungen können nicht nur gefährlich kurzsichtig sein, aber auch ungerechtda viele der gleichen Länder von Erdgas profitieren. Die Erschließung von Erdgasressourcen hat das Potenzial, Ländern, denen es dringend an Erzeugungskapazitäten mangelt, die Möglichkeit zu geben Verbesserung der Netzzuverlässigkeit und andere Industriezweige zu versorgen, die Antriebsentwicklung. Die wirtschaftliche Entwicklung in einkommensschwachen Ländern würde die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel erhöhen, da wohlhabendere Länder weniger anfällig für die Zerstörungen sind, die durch die Arten von extremen Wetterereignissen und Naturkatastrophen verursacht werden, die aufgrund des fortschreitenden Klimawandels vorhergesagt werden.
In der Tat haben viele Länder in SSA bereits langfristige Pläne zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Die Entwicklung von Erdgas würde dazu beitragen, die Schwankungen der erneuerbaren Energien zu stabilisieren - eine wesentliche Voraussetzung für eine zuverlässige Stromversorgung, die sowohl Haushalte als auch Unternehmen benötigen, um zu gedeihen, da alternative Speichermöglichkeiten immer noch fehlen in Ländern mit niedrigem Einkommen im Entstehen begriffen.
Anstatt Investitionen in alle Projekte mit fossilen Brennstoffen in einkommensschwachen Ländern zu verbieten, könnte die Schweiz stattdessen eine unterstützende Rolle übernehmen, indem sie sich auf die Erleichterung des Markteintritts und die Förderung des Wachstums von erneuerbaren Energien konzentriert, um diese im lokalen Kontext wettbewerbsfähig gegenüber den etablierten Technologien zu machen. Indem sie sich aktiv mit den Hindernissen für den Einsatz kohlenstoffarmer Energietechnologien auseinandersetzt, wie z.B. deren hohe FinanzierungskostenDie Schweiz kann ihre Klimaziele vorantreiben, ohne die Armutsbekämpfung zu behindern. Die Schweiz könnte auch eine aktivere Rolle übernehmen, indem sie Finanzierungsfazilitäten finanziert, um derisk renewablesAufbau von technischen Kapazitäten für die Überwachung und Bewertung von Elektrifizierungsprojekten und die Sammlung von Daten für künftige Forschungen und Analysen, und schließlich durch die Rolle als erster Umzugsunternehmenund Partnerschaften mit Regierungen/Unternehmern zur Erprobung und Finanzierung neuer Technologien.
Armutsbekämpfung ist auch eine wichtige Klimaschutzmaßnahme
Es ist klar, dass der Klimawandel weltweit katastrophale Auswirkungen haben wird und möglicherweise auch die weltweite Armut verschärft. Für uns hat das IZA-Forum gezeigt, dass die Vernachlässigung der Tatsache, dass die Armutsbekämpfung in einkommensschwachen Ländern dringender ist als die Emissionsreduktion, dazu führen kann, dass Millionen von Menschen in Armut leben, ohne dass sie etwas für das Klima tun können. Für die Schweiz ist es notwendig, diese beiden Imperative im Auge zu behalten, um den Klimawandel abzumildern und gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit gegenüber ihm zu stärken.
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