Holz ist ein altes Baumaterial, das jedoch nach und nach durch Beton und Stahl ersetzt wurde. Die Vorteile von Holz werden jedoch jetzt (wieder) entdeckt, da Nachhaltigkeit zu einem globalen Thema wird und fortschrittliche Fertigungstechnologien verfügbar werden. Dieser Artikel befasst sich mit den Vorteilen von Holz bei der Kohlenstoffbindung, der digitalen Konstruktion und der Vorfertigung.
Holz, eine natürliche Kohlenstoffsenke
Unter dem Druck der Klimakrise, zahlreiche Länder haben sich zur Kohlenstoffneutralität verpflichtet. Die Schweiz zielt zum Beispiel auf Erreichen von "Netto-Null" bis 2050China zielt darauf ab, "den Höhepunkt der CO2-Emissionen vor 2030 zu erreichen und vor 2060 kohlenstoffneutral zu werden"; und die USA streben an 50-52% Verringerung der Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 gegenüber dem Stand von 2005 und Erreichen der Netto-Null-Quote bis spätestens 2050. Kann Holz, eine natürliche Kohlenstoffsenke, zur Verwirklichung der Kohlenstoffneutralität beitragen?
Die folgende Abbildung beantwortet diese Frage: Ja, dank der Photosynthese in der Wachstumsphase. Die Abbildung vergleicht die Kohlenstoffbindung/-emission über den Lebenszyklus von zementhaltigen Materialien (gelbe Linie) und biobasierten Materialien (blaue Linie). Es ist zu erkennen, dass die zementgebundenen Materialien während des gesamten Lebenszyklus mehr Kohlenstoff emittieren, trotz eines leichten Rückgangs aufgrund der Karbonatisierung, während biobasierte Materialien aufgrund der Photosynthese in ihrer Wachstumsphase während des größten Teils ihres Lebenszyklus zur Kohlenstoffbindung beitragen.

Abbildung 1: Kohlenstoffbindung/-emission von zementhaltigen und biobasierten Materialien während des gesamten Lebenszyklus. Am Ende des Lebenszyklus decken die gestrichelten Linien für biobasierte Materialien die Möglichkeiten von der sofortigen Oxidation zur Energierückgewinnung bis hin zu Wiederverwendung, Recycling oder Deponierung ab. (Quelle)
Wie aus den gestrichelten Linien in Abbildung 1 hervorgeht, ist jedoch unklar, ob biobasierte Materialien ihren Vorteil beibehalten können, wenn man zum Beispiel verschiedene End-of-Life-Szenarien berücksichtigt:
- direkt zur energetischen Verwertung verbrannt werden: auf diese Weise wird der in den Wäldern gespeicherte Kohlenstoff sofort freigesetzt, aber die Verbrennung fossiler Brennstoffe kann vermieden werden;
- für nachfolgende Produktzyklen recycelt (d.h., Mehrfachkaskadierung): die Umweltauswirkungen sind geringer als bei der direkten Verbrennung;
- Mülldeponie: die Deponierung kann zwar als langfristige Kohlenstoffspeicherung angesehen werden, hat aber insgesamt höhere Treibhausgasemissionen als Verbrennung oder Recycling; lund das Auffüllen von Altholz ist in vielen Teilen der Europäischen Union verboten.
Von den oben aufgeführten Szenarien setzt die direkte Verbrennung den Kohlenstoff im Holz sofort frei und hat daher die höchsten Kurzzeitemissionen. Diese Studie prüft dieses Szenario und zeigt, dass mit direkter Verbrennung zur Energierückgewinnung (ohne Kohlenstoffabscheidung - dies wird später erwähnt) Holz hat aufgrund des Substitutionseffekts weniger Emissionen als BetonEnergieerzeugung aus Holzabfällen vermeidet den Einsatz von fossilen Brennstoffen. Tabelle 1 fasst die Lebenszyklus-Kohlenstoffemissionen des Basisfalls in der Studie zusammen. Es ist ersichtlich, dass Gebäude mit Betonrahmen 36,6 Tonnen Kohlenstoff (tC) über den gesamten Lebenszyklus emittieren, während Gebäude mit Holzrahmen 24,1 tC Emissionen vermeiden. Die negativen Werte in der Tabelle sind eine Kombination aus dem aus der Atmosphäre entfernten Kohlenstoff und den vermiedenen Emissionen fossiler Brennstoffe.

Tabelle 1: Lebenszyklus-Kohlenstoffemissionen [tC] von zwei funktional gleichwertigen Gebäuden (4-stöckiges Gebäude mit einer Nutzfläche von 1190 m2): mit Tragwerken entweder aus Beton oder aus Holz (Quelle)
Ein Schritt nach vorn: Die oben gezeigte Studie berücksichtigte nicht Einsatz von CCS (Kohlenstoffabscheidung und -speicherung) zur Abscheidung des bei der Energierückgewinnung am Ende des Lebenszyklus freigesetzten Kohlenstoffs. Dies führt dazu, dass der in den Wäldern gespeicherte Kohlenstoff wieder freigesetzt wird. Wird stattdessen CCS eingesetzt, um die Kohlenstoffemissionen bei der Energierückgewinnung aus Holz zu vermeiden (d. h. Bioenergie mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, BECCS), können weitere 12,1 tC durch das Gebäude mit Holzrahmenbau vermieden werden, so dass die Gesamtdifferenz der Kohlenstoffemissionen 72,8 tC beträgt.
Abbildung 2 zeigt eine beispielhafte BECCS-Anlage: Biomasse-Kraftwerk Drax im Vereinigten Königreich. In dieser Anlage wird Biomasse (einschließlich Holzabfälle) verbrannt, um Strom zu erzeugen. Bei diesem Prozess entstehen CO2-haltige Rauchgase, die anschließend aufgefangen und dauerhaft gespeichert in einem geologische Speicherung unter der Nordsee.

Abbildung 2: BECCS-Prozess in der Biomasse-Kraftwerk Drax in Großbritannien
Förderer des Holzbaus: Digitales Bauen und Vorfabrikation
Die kohlenstoffabsorbierende Holzkonstruktion erweitert ihren Anteil im Bausektorda seine einzigartigen Eigenschaften den Bedürfnissen und Trends des digitalen Bauens und der Vorfertigung entsprechen.
Das Bauwesen befindet sich im Zeitalter der Digitalisierung: Das Baumaterial sollte nicht nur nachhaltig, leicht, multifunktional und ästhetisch ansprechend sein, sondern auch für parametrisch gesteuerte Formen und die digitale Fertigung offen sein.
In dieser Hinsicht ist Holz ein fertigungsfreundliches Material für Roboter. Doppelt gekrümmte Balken-/Schalenelemente, Paneele verschiedener Formen, unterschiedlicher Oberflächenbeschaffenheit und komplexer Verbindungen können durch digitale und robotergestützte Fertigung mit hoher Effizienz präzise hergestellt werden. Die komplizierten Fugendetails, die früher eine der Hürden für Holz auf dem Weg zur schnellen Massenproduktion darstellten, werden nun zu einer Quelle seines überzeugenden Charmes..
Abbildung 3 zeigt den BUGA-Holzpavillon (Universität Stuttgart ICD/ITKE) und seine robotergefertigten Platten. Das älteste natürliche Baubiomaterial und die modernsten Roboter sind im digitalen Herstellungsprozess sehr gut aufeinander abgestimmt.

(a) Nordansicht des BUGA-Wood-Pavillons

(b) Plattenfertigung mit zwei Robotern
Abbildung 3: BUGA-Holzpavillon als Demonstrator für ein rechnerisch entworfenes und digital gefertigtes Holzgebäude (Quelle: Universität Stuttgart ICD/ITKE)
Vorgefertigte Gebäude werden auch bei der Planung von Mehrfamilienhäusern und Gewerbebauten immer beliebter, und Holz ist ein besonders vorteilhaftes Material für die Vorfabrikation. In Abbildung 4 wird der neue Swatch-Hauptsitz in Biel aus vorgefertigten Holzelementen zusammengesetzt.

Abbildung 4:Der neue Swatch-Hauptsitz in Biel wird aus vorfabrizierten Holzelementen zusammengesetzt. (Quelle: Dezeen)
Vorgefertigte Gebäude können dazu beitragen, viele Herausforderungen in den Bereichen Design, Technik und Management zu lösen, wie z. B. (Quelle):
- Höhere Materialausnutzung durch Optimierung des Materialzuschnitts und Wiederverwendung von Bauteilen.
- Höhere Prozesseffizienz durch Verkürzung der Bauzeit vor Ort und Optimierung der Lieferkette.
- Bessere Qualitätskontrolle, da die meisten Herstellungsverfahren in einer Fabrik unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt werden.
Vorgefertigte Holzbauteile werden häufig im leichten Holzrahmenbau (Balken, Stützen usw.) und im Massivholzbau (Böden, Wände usw.) verwendet. In vorgefertigten Gebäuden ist Holz besonders vorteilhaft (Quelle), denn:
- Es ist flexibel in der Formgebung.
- Geringe Fertigungstoleranzen und ein hoher Vorfertigungsgrad können erreicht werden.
- Das geringe Eigengewicht ermöglicht kleinere Kräne und Fundamente.
- Er ist multifunktional: Bauteil, architektonisches Element, Dekoration usw.
- Einfache Demontage und Wiedermontage fördern die Wiederverwendung von Komponenten.
Aber ...
Einige Worte der Warnung: Holz stößt zwar während seiner Lebensdauer weniger Kohlenstoff aus als Beton, der Emissionsunterschied zwischen Holz und Stahl/Beton wird mit der weiteren Dekarbonisierung der Energiesysteme und Industrieprozesse abnehmen. Auch bei der Förderung von Plantagenwäldern zur Holzversorgung müssen wir vorsichtig sein, denn Monokulturplantagen können ökologische Schäden verursachen.
Trotz dieser Überlegungen sind die Vorteile von Holzkonstruktionen in dieser Zeit der drängenden Klimakrise und der fortschrittlichen Technologien nicht zu vernachlässigen. Erstens kann Holz zur Kohlenstoffbindung beitragen, indem es während seines langen Lebenszyklus Kohlenstoff im Material speichert, und es bietet die Möglichkeit, den Kohlenstoff dauerhaft zu speichern, wenn das Abfallholz mit CCS behandelt wird. Außerdem eignet sich Holz gut für den Roboterbau, und seine Gene für die Vorfertigung lassen sich in Verbindung mit der richtigen Technologie leicht entfalten.
Ja, die Verwendung von Holz in Verbindung mit der Abscheidung und Speicherung von CO2 am Ende des Lebenszyklus könnte eine praktikable Lösung für die CO2-Neutralität in einer bereits weitgehend dekarbonisierten Welt sein. Selbst wenn die Menschheit im Jahr 2050 kein Öl, Gas und keine Kohle mehr verwenden würde, würden aufgrund der verbleibenden Emissionen aus Zement, Stahl und Landwirtschaft immer noch rund 1 Tonne CO2 pro Kopf ausgestoßen. In der Schweiz werden jährlich 5 Millionen Tonnen Holz geerntet, was 8 Millionen Tonnen CO2 oder 1 Tonne CO2 pro Schweizer Bürger entspricht. Wenn Sie dieses Holz (das z.B. für Gebäude verwendet wird) am Ende seines Lebenszyklus binden, würden Sie die Schweizer Emissionen des Jahres 2050 aus Zement, Stahl und Landwirtschaft ausgleichen.
Vorteil: Es scheint sich um eine ganz natürliche Art der CO2-Kompensation zu handeln.
Vielen Dank für den Kommentar! Die Zahlen, die die jährliche Holzernte und die schwer zu vermeidenden Emissionen vergleichen, sehen in der Tat sehr vielversprechend aus. Das erinnert mich an einen früheren Blog-Artikel https://blogs.ethz.ch/energy/climate-day/ wo die Bedeutung von CCS zur Kompensation schwer vermeidbarer Emissionen anhand eines Diagramms aus den Energieperspektiven 2050+ veranschaulicht wird.
Wie sieht es mit Leimholz aus? Da viele der modernen Technologien Leimholz verwenden, wie trägt Leimholz als Kohlenstoffsenke im Hinblick auf die Wiederverwendung und die Kreislaufwirtschaft bei? Trägt Leimholz langfristig wirklich zur Kohlenstoffsenke bei?
Moderne Technologien mit Leimholz:
https://www.ts3.biz/de/referenzprojekte/referenzen/2540-Fasanenhof.php
https://fagussuisse.ch/angebot/produkte/?prod=produkt-3
Moderne Technologien ohne Leimholz:
https://www.naegeli-holzbau.ch/appenzellerholz.html#vollholz-elementbau
https://www.thoma.at/?lang=en
https://www.sohm-holzbau.ch/diagonalduebelholz
Vielen Dank für Ihren Kommentar!
Brettschichtholz ist in der Tat ein beliebtes Baumaterial. Das CLT(*)-Handbuch (https://www.swedishwood.com/publications/list_of_swedish_woods_publications/the-clt-handbook/) befasst sich mit den Kohlenstoffemissionen von CLT pro Bauteil: Abbildung 1.3 im Buch zeigt, dass ~15% der Kohlenstoffemissionen des CLT-Gebäudes(**) in der Produktionsphase aus "Kunststoff und Leim" stammen - dies ist sicherlich ein großer Prozentsatz, aber die Gesamtemission des CLT-Gebäudes ist immer noch ~40% niedriger als die des Gebäudes mit Betonrahmen. Abbildung 1.4 dehnt die Emissionsanalyse auf den gesamten Lebenszyklus aus: CLT-Gebäude sind immer noch im Vorteil gegenüber Gebäuden in Betonbauweise (***).
(*) CLT = Brettsperrholz. Es ist nicht genau "Brettschichtholz", aber es besteht auch aus Leimholzplatten.
(**) "CLT-Flächeneinheiten" in der Abbildung.
(***) Bitte beachten Sie, dass die Werte in dieser Abbildung nicht direkt mit Tabelle 1 im Blog-Artikel vergleichbar sind, da die Kontenmethoden unterschiedlich sind.